Inhalt, Wissenswertes und Fun Facts zu Giuseppe Verdis „Aida“
Im Sommer 2024 ist es so weit – bei der Oper im Steinbruch St. Margarethen erklingen heuer die dramatischen Arien und triumphalen Trompeten aus der Oper „Aida“. Giuseppe Verdis weltberühmte Melodien, der rustikale Flair des Steinbruchs und eine tragische Liebesgeschichte verbinden sich dort zu einem ganz besonderen Erlebnis. Sie möchten vor Ihrem Besuch noch allerlei Hintergrundinformationen zu einer der bekanntesten Opern des 19. Jahrhunderts erfahren? Frischen Sie hier ihr Wissen zu „Aida“ wieder auf!
Von wem wurde „Aida“ geschrieben?
Giuseppe Verdi (1813 – 1901) schrieb bekanntermaßen die Musik zu „Aida“, doch eine Oper benötigt auch einen Text. Im Fall von „Aida“ war der Italiener Antonio Ghislanzoni (1824 – 1893) für das Libretto verantwortlich. Die Handlung basiert jedoch auf einem Entwurf des französischen Ägyptologen Auguste Mariette (1821 – 1881), der eine Liebesgeschichte zur Zeit der Pharaonen schrieb. Mariette lieferte aber auch die Bühnenbilder und Kostüme. Um historische Vorlagen für seine Entwürfe zu finden, unternahm er sogar eine halbjährige Reise nach Ägypten.
Wann, von wem und warum wurde „Aida“ in Auftrag gegeben?
„Aida“ spielt nicht nur in Ägypten, sondern wurde 1870 sogar für Ägypten geschrieben. Die Uraufführung fand am 24.12.1871 in Kairo statt.
Ägypten war damals eine Provinz des Osmanischen Reichs und strebte unter seinem Vizekönig, dem „Khedive“, nach Autonomie. Der damalige Khedive Ismail Pascha wurde in Frankreich, also europäisch erzogen. Das zeigte sich auch in seinem Bestreben, Ägypten nach westlichen Standards zu modernisieren. So wurde unter seiner Regierung der Suezkanal vollendet, ein Eisenbahnnetz ins Leben gerufen und Kairo um einen Stadtteil nach französischem Vorbild erweitert. Das dabei neu erbaute Opernhaus sowie der Suezkanal sollten auf seinen Wunsch hin mit einer eigens komponierten Oper von Giuseppe Verdi im Jahr 1869 eingeweiht werden. Doch Verdi sagte mehrmals ab, sodass die Eröffnung stattdessen mit „Rigoletto“ gefeiert wurde. Schließlich konnte Verdi im Jahr 1870 jedoch überzeugt werden. Nie hatte ein Komponist zuvor ein höheres Honorar erhalten als Verdi für die Komposition von „Aida“: Allein für die Aufführung in Ägypten bekam er 150.000 Goldfranken.
Alle Requisiten wurden in Paris angefertigt und sollten anschließend nach Kairo verschifft werden. Doch die Besetzung von Paris im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 verzögerte die Ausfuhr, weshalb die Uraufführung erst am Weihnachtsabend des Jahres 1871 stattfinden konnte.
Worum geht es in „Aida?“
Die Oper spielt zur Zeit der Pharaonen im Alten Ägypten und wird in vier Akten erzählt.
Aida ist eine „äthiopische“ Prinzessin, deren Land mit Ägypten Krieg führt. Als Geisel am Hofe des Pharaos lernte sie den ägyptischen Heerführer Radamès kennen und lieben. Radamès liebt Aida aufrichtig und möchte sie in ihre Heimat zurückführen. Doch auch die Tochter des Pharaos, Amneris, hat ein Auge auf Radamès geworfen und erkennt in ihrer Sklavin Aida eine Rivalin.
Radamès wird auserkoren, gegen „Äthiopien“ in den Krieg zu ziehen. Aida ist hin- und hergerissen zwischen Sorge um ihren Geliebten und Loyalität zu ihrem Land. Als Radamès die Schlacht gewinnt, wird Aida befohlen, bei der Siegesfeier anwesend zu sein. Unter den „äthiopischen“ Gefangenen befindet sich auch Aidas Vater Amonasro. Dieser bittet zusammen mit Radamès um die Freilassung seiner Landsleute. Der Pharao kommt den Bitten nach, doch Aida und ihr Vater werden als Geiseln behalten. Radamès soll zum Dank für die siegreiche Schlacht die Pharaonentochter Amneris heiraten.
Am Abend vor der Hochzeit betet Amneris im Tempel zur Göttin Isis. Dort wartet auch Aida auf Radamès, um ihn ein letztes Mal zu sehen. Ihr Vater Amonasro erscheint. Er redet auf seine Tochter ein, sie möge doch Radamès das Geheimnis über den geheimen Pfad nach „Äthiopien“ entlocken, über den die Ägypter ihren nächsten Angriff planen. Aida wehrt sich lange, doch nach der Drohung ihres Vaters, sie sonst zu verstoßen, willigt sie ein. Radamès findet Aida und diese bittet ihn, gemeinsam zu fliehen. Radamès, nichtsahnend, nennt tatsächlich einen geheimen Fluchtweg. Da tritt Amonasro aus seinem Versteck und Radamès muss bestürzt erkennen, dass er soeben sein Land verraten hat. Als Amneris und die Priester aus dem Tempel kommen, stellt er sich. Aida gelingt mit ihrem Vater die Flucht.
Die verzweifelte Amneris lässt Radamès zu sich kommen und beschwört ihn, Aida zu vergessen und stattdessen mit ihr glücklich zu werden. Doch Radamès lehnt ab. Von den Priestern wird er für seinen Verrat auf grausame Weise zum Tode verurteilt: Er soll lebendig begraben werden, eingemauert in einer Gruft. Amneris ist darüber bestürzt und verflucht die Priester.
In seinem unterirdischen Gefängnis hofft Radamès, dass Aida in Sicherheit sei. Doch diese hat bereits auf Radamès gewartet: Heimlich hatte sie sich zu ihm in die Grabeskammer geschlichen, um mit ihrem Geliebten gemeinsam zu sterben. Zusammen nehmen die beiden Abschied, während Amneris im Tempel für Frieden betet.
Was sind die berühmtesten Musikstücke aus „Aida?“
„Aida“ ist eines der bekanntesten Werke der Operngeschichte – selbst jene, die mit Opern sonst wenig anfangen können, haben sicher schon einmal ein Stück daraus gehört. Gemeint ist natürlich der berühmte „Triumphmarsch“. Die eingängige Melodie hat sogar ihren Weg in diverse Fußballstadien oder Werbespots gefunden. Ein kleiner Fun Fact zu den Trompeten und Fanfarenklängen folgt etwas später.
Verdi wäre nicht Verdi, wenn er nicht auch wunderschöne Arien für seine Opernhelden geschrieben hätte.
Radamès, seines Zeichens jugendlicher Heldentenor, besingt im ersten Akt mit „Celeste Aida“ seine heimliche Liebe. Dieses musikalische Schmachten – die Auftrittsarie der Rolle – verlangt dem Sänger einiges ab. Im Rezitativ, das dem eigentlichen Liebeslied vorausgeht, wird Radamès zunächst als Krieger charakterisiert. Schmetternde Trompeten unterstützen dabei seinen Wunsch, als Heeresführer Triumphe feiern zu können. Dann schwingt die Musik um und zart schwebendes Violinenschwirren verkündet einen Stimmungswechsel. Radamès stimmt sein sehnsüchtiges „Celeste Aida“ an. So überschwänglich wie seine Liebe sind auch die breit gehaltenen Töne, die er über einen feinen Klangteppich aus Geigen und Holzbläsern legt. Am Schlusston dieser Arie scheiden sich die Interpretengeister: Soll Radamès hier ein heldenhaftes Grande Finale hinlegen oder in Vorahnung des eigenen Endes das hohe B leise verklingen lassen? Verdi jedenfalls notierte dazu „morendo“ – ersterbend.
Aida schwelgt im dritten Akt in melancholischer Erinnerung. An den Ufern des Nils singt sie von ihrem Heimweh, weshalb die Arie „O patria mia“ auch als „Nilarie“ bekannt wurde. Als Sopranrolle schwingt sie sich in musikalische Höhen und wird dabei von zartem Orchesterklang, allen voran der Oboe, untermalt.
Ein dramatischer Höhepunkt der Oper ist die Gerichtsszene. Amneris erfährt von der Verurteilung des Radamès und ist verzweifelt. Mit dem letzten Ton stößt sie einen Fluch gegen die grausamen Priester aus und das anschließende, bedrohlich voranschreitende Orchester mit beinahe schreienden Bläsern scheint ihre innere Aufruhr musikalisch zu sein verkörpern.
Giuseppe Verdi wollte einen Klang erschaffen, der einem europäischen Publikum die fremde und längst vergessene Welt des Alten Ägyptens musikalisch nahebringt. Ballettszenen sind daher stereotyp im „orientalisch“ konnotierten „Alla turca“ Stil des 18. Jahrhunderts gehalten und Harfenklänge erinnern an antike Instrumente. Zu Beginn des dritten Akts vertont Verdi hingegen eine ägyptische Sommernacht: Zirpende Violinen und darüber erklingende Flötentöne imitieren Zikaden und Vogelstimmen.
Drei Fun Facts zu „Aida“
Die „Aida-Trompete“
Endlich der versprochene Fun Fact zum „Triumphmarsch“. Für die Uraufführung von „Aida“ ließ Verdi spezielle Instrumente bauen, die wie die Kostüme und die Ausstattung nach historischen Vorbildern angefertigt wurden. Mangels originaler Instrumente konnten jedoch nur Darstellungen auf altägyptischen Wandgemälden als Anhaltspunkt dienen. So entstanden die sogenannten „Aida-Trompeten“, die im berühmten „Triumphmarsch“ zum Einsatz kamen. Sie unterscheiden sich von herkömmlichen Trompeten vor allem in ihrer Länge und ähneln optisch Fanfaren. Anders als Fanfaren besitzen die „Aida-Trompeten“ jedoch Ventile, weshalb mehr Töne produziert werden können.
Die Äthiopierin, die eigentlich aus Nubien ist
In der Inhaltsangabe wurde „Äthiopien“ mit Anführungszeichen geschrieben. Das liegt daran, dass sich dieser Begriff nicht mit dem Gebiet des modernen Staats Äthiopien deckt. Der Ägyptologe Auguste Mariette hielt sich nämlich bei seinem Handlungsentwurf an die griechische Bezeichnung für Nubien, ein Gebiet weiter südlich des Nils an der Grenze zum heutigen Sudan. Die Griechen nannten diesen Landstrich eben „Äthiopien“. Das erklärt auch, warum Radamès einen geheimen, unbewachten Pfad in ein vermeintlich weit entferntes Feindesland kennt: Das als „Äthiopien“ bezeichnete Nubien grenzt direkt an Ägypten an. Aida ist also genau genommen Nubierin.
Elton Johns „Aida“
Inspiriert von Giuseppe Verdis Meisterwerk entstand auch ein gleichnamiges Musical von Elton John, das im Jahr 2000 seine Premiere am Broadway feierte. Die Geschichte der Liebenden ist dabei in eine Rahmenhandlung eingebettet: In der Ägyptenausstellung eines Museums erwacht die Statue der Pharaonin Amneris zum Leben und erzählt vom tragischen Schicksal Aidas. In diesem Musical wird Aidas Heimat übrigens tatsächlich Nubien genannt.
Wer inszeniert „Aida“ in der Oper im Steinbruch 2024?
Intendant Daniel Serafin hat für die diesjährige Produktion von „Aida“ ein bewährtes Leading Team zusammengeführt.
Bereits im Jahr 2021 konnte die spektakuläre Inszenierung von „Turandot“ in St. Margarethen unter der Regie von Thaddeus Strassberger begeistern. 2024 wird Strassberger nicht nur als Regisseur, sondern auch als Bühnenbildner für „Aida“ zuständig sein. Fantastische Kostüme versprechen die Entwürfe von Giuseppe Palella, dessen detailverliebte Kreationen auch schon bei „Turandot“ bewundert werden konnten. Für die nötige Spannung sorgt Ran Arthur Braun als Live Action Director. Dazu kommen Lichtdesigner Driscoll Otto und die aufwendigen Videoproduktionen von Media Apparat. Die musikalische Leitung übernimmt Iván López-Reynoso, unterstützt wird er von Chorleiter Walter Zeh und Tonmeister Volker Werner.
„Aida“ in der Oper im Steinbruch St. Margarethen wird auf alle Fälle ein Fest für Augen und Ohren. Bleibt nur noch die Frage: Wie wird Radamès den Schlusston seines Liebesliedes anlegen? Wird er noch lange durch den Steinbruch hallen oder sich schwermütig leise in den steinernen Wänden verlieren? Man darf gespannt sein!